Deutschlandradtour

Intro
Ab dem 01.08.2016 war ich auf einer Deutschlandradtour. Beginnend am südlichsten Hotel Deutschlands, dem Birgsauer Hof, startete ich im Süden des Allgäu. In den folgenden drei Wochen habe ich Deutschland der Länge nach von Süd nach Nord durchquert und war auf der Halbinsel Holnis in der Flensburger Förde ankommen. Mein Zielort war Glücksburg an der Ostsee.
Dies ist zwar nicht der nördlichste Festlandpunkt Deutschlands, der liegt nämlich oberhalb von Niebüll an der Grenze zu Dänemark. Für mich schien aber die Umgebung von Glücksburg, incl. Schloß, in der Planung interessanter als der Rickelsbüller Koog an der Nordseeküste.
Auf meiner geplanten Route ging es entlang der Iller über Kempten bis nach Ulm. Hier folgte ich ein Stück der Donau bis nach Günzburg, um von dort in Richtung Norden entlang der Brenz bis zum Brenztopf in Königsbronn zu fahren. Nach einem kurzen Übergang traf ich auf eine weitere Flussquelle, in Oberkochen entspringt der Schwarze Kocher und ist ein Quellfluss des Kochers. Der nächste kurze Übergang führte mich zur Jagst, die mich bis Kirchberg begleitete. Bis Rothenburg ob der Tauber verabschiedete ich mich vorerst von den Flussläufen, aber wie der Name schon sagt war es im Anschluss die Tauber, an deren Flussbett ich radelte. Und ab Ochsenfurt über Würzburg bis nach Gemünden war der Main mein Weggefährte.
Noch einmal ging es hinauf auf fast 500m ü.d.M. über den Hessischen Landrücken nach Fulda. Und siehe da, ein weiterer Fluss auf meiner Route. Entlang der Fulda und vorbei an Kassel zum Zusammenfluss mit der Werra. Und wo die beiden sich küssen, sie ihren Namen büßen müssen. In Hann. Münden beginnt die Weser und ich folgte ihr bis nach Rinteln.
Ab dort war es vorbei mit den Flussläufen. Über das Wesergebirge, nahe meiner Heimat, verlief die Route nordwärts vorbei am Steinhuder Meer bis nach Soltau. Durch einen Teil der Lüneburger Heide nahm ich erst einmal Kurs auf Hamburg und im Anschluss auf die Plöner Seenplatte. In Kiel hatte ich die Ostsee erreicht und nun war nicht mehr weit bis zum Ziel nach Glücksburg.

Ich hatte dieses Mal auf meiner Route, wie im letzten Jahr auf dem Weg von Paris nach Lissabon, das Zelt im Gepäck und daher nur gelegentlich Pensionen oder Hotels aufgesucht.

Anreise mit Märchenstunde
Die Anreise erfolgte mit der Deutschen Bahn von Bad Oeynhausen nach Oberstdorf. Zehn Stunden mit dem Zug, aber erster Klasse und ich brauchte nicht einmal umsteigen. Nachdem ich zu Anfang das Abteil noch für mich alleine hatte, gesellte sich erst eine ältere Dame und dann eine Mutter mit ihren sechs und neun Jahre alten Söhnen dazu. Abwechslung gab es genug, aber das schönste waren die Vorträge der älteren Dame. Die wechselten von realen Geschichten zu den Märchen, die sie den Kindern erzählte. So brachten diese Erzählungen eine wundervolle Ruhe ins Abteil. Nicht ganz so märchenhaft war dann das Wetter, das mich nach meiner Ankunft in Oberstdorf erwartete. Ein Gewitter mit einem heftigen Regenschauer unterbrach meine Fahrt zum Birgsauer Hof, der noch 9 km südlich von Oberstdorf liegt. Doch der anschließende Sonnenschein zauberte einen märchenhaften Regenbogen an den Himmel. Ein gutes Essen und ein paar gute Getränke ließen den Abend ausklingen und stimmten mich langsam am südlichsten Punkt und Start meiner Reise auf meine Tour ein.
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Mein Startort ‚Birgsauer Hof‘

Sightseeing in Oberstdorf
Fellhorngipfel und Breitachklamm waren vor dem Start morgen meine Ziele. Zum Gipfel und Grenze zwischen Österreich und Deutschland auf über 2000m Höhe nahm ich die Seilbahn. Nur die letzten Meter bewältigte ich zu Fuß. Die tiefste Felsenschlucht Mitteleuropas hatte ich später mit Hin- und Rückweg durchquert. Immer wieder wurden meine Wege durch Regenschauer unterbrochen. So konnte ich die kurze Unterbrechung zur Mittagszeit für ein Nickerchen in einer Bushaltestelle nutzen. Kurz bevor der Bus kam, wurde ich wach und das Wartehäuschen hatte sich während meiner Dämmerstunde gut gefüllt. Offensichtlich schienen mich die Unterhaltungen nicht zu stören. Oder vielleicht hatte auch jemand der Wartenden ein Märchen erzählt. Vom Fellhorn aus konnte ich schon meine Richtung für morgen ausmachen. Allerdings hoffte ich nicht auf einen Stau, wie ich ihn auf meiner Rückfahrt erleben musste. Dort stellte sich mir erst einmal ein Kuhherde in den Weg. Trotzdem erreichte ich kurz vor einem Starkregen das Hotel.

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Richtung Norden. Wo bitte geht’s zum Meer?
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Breitach Klamm
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Slalom fahren

1.Tag – Ober- und Unterallgäu
Beim Blick aus dem Fenster ließ der Morgen das Schlimmste befürchten. Dauerregen, der auch während des Frühstücks nicht aufhörte. Als ich jedoch mein Rad sattelte, stellte der Himmel auch in Birgsau seine Tätigkeit ein und als ich das Tal verließ, schien neun Kilometer weiter in Oberstdorf die Sonne und es zeigte sich stellenweise blauer Himmel. Bis auf ein paar dunkle Wolken, die aber keinen Regen brachten, änderte sich es heute auch nicht mehr. Der Illerradweg bestand in Oberallgäu größtenteils aus einem unbefestigten Weg, war aber durchgehend eben und gut zu befahren. Weiter Richtung Norden führte er im Unterallgäu über asphaltierte Wege, aber nicht mehr direkt an der Iller entlang und ständig auf und ab. Etwas aufregendes ereignete sich heute aber nicht. Mein Tagesetappe habe ich nach 107 km auf einem Campingplatz in Aitrach beendet. N047.94869 E010.08599

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Immenstadt
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lauter Ziegen
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Wallfahrtskirche Maria Steinbach

2.Tag – Unbefestigt und laaangweilig
Heute hatte ich wieder unbefestigte Wege unter den Reifen. Dafür gab es keine Hügel, aber es stellte sich doch eine Langeweile ein. Die Iller ist im unteren Teil wie ein Kanal begradigt und es gibt keine Orte, die an den Fluss gebaut sind. Also keine Uferpromenade oder Biergärten, die zum Verweilen einladen. Auch meine Besuche an Sehenswürdigkeiten verliefen unglücklich. Die Kartause Maria Saal in Buxheim war noch geschlossen und eine Stunde Wartezeit erschien mir zu lang. Das Kloster Brandenburg lag auf einer Anhöhe, zeigte sich mir dann als siebziger Jahre Bau. Nicht schön. Und die Krönung war der Zusammenfluß von Iller und Donau. Langweilig. Da zeigte sich Ulm ganz anders. Es lohnte sich wirklich hier eine längere Pause einzulegen. Ich hatte auch die nötige Zeit, da für den Rest des Tages nicht mehr viele Kilometer geplant waren. Einen geeigneten Campingplatz hatte ich mir in der Pause ausgesucht. Doch als ich dort ankam, wurde mir mitgeteilt, dass sie noch eine größere Gruppe erwarteten und daher kein Platz frei sei. Also noch einmal sechs Kilometer zurück, da in Fahrtrichtung kein Platz zu finden war. Ich bleibe nun auf dem Schwarzfelder Hof in Leipheim. Dort empfing mich die junge Dame an der Rezeption des Campingplatzes freundlich und hatte kein Verständnis für das Verhalten ihrer Kollegen auf dem Campingplatz zuvor. Zudem traf ich bei der Anmeldung einen jungen Mann wieder, der mit seinem Freund auf dem Rad unterwegs ist. Mit beiden war ich am Nachmittag ein Stück geradelt und hatte mich mit Ihnen unterhalten. Am Abend saßen wir an der Imbißbude des Platzes mit vier Radfahrern zusammen und haben bis in die Nacht gefachsimpelt. Länge der Etappe – 105km. N048.46554 E010.20355
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Flusslauf der Iller
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Donau-/Illerzusammenfluß
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Ulm

3.Tag – Es geht auch anders
Es geht auch ohne Langeweile. Zwei Kilometer vor meinem Eintreffen in Ellwangen an der Jagst erwischte mich zwar noch ein Regenschauer, aber der war nur von kurzer Dauer. Zu Beginn des Tages radelte ich ein kleines Stück entlang der Donau bis Günzburg, um dann meinen Weg in Richtung Norden fortzusetzen. Das Lonetal und das Eselsburger Tal hielten bei schönstem Wetter das, was ich mir im Vorfeld davon versprochen hatte. Immerhin hatten sich unsere Vorfahren schon vor 40-50 tausend Jahren dort angesiedelt und ihre Spuren mit den ersten Kunstwerken, wie dem Lonetalpferd und dem Löwenmensch, hinterlassen. Im Eselsburger Tal finden sich bizarre Felsformationen, die zum Teil auch als Kletterwände genutzt werden. Hinauf ging es weiter zu den Karstquellen der Brenz und ein paar Kilometer weiter die des Schwarzen Kocher. Weitere schöne Städte, wie Heidenheim und Aalen lagen auf dem Weg. Der Campingplatz in Ellwangen liegt direkt an der Jagst und der Abschluss in der Ellwanger Altstadt gehörte zu den positiven Erlebnissen der Tour. Gefahrene Kilometer: 97. N048.95961 E010.12108
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Günzburg
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Eselsburger Tal
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am Brenztopf
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Basilika St. Vitus, Ellwangen
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Schloss ob Ellwangen

4.Tag – Nur ein kurzer Zwangsstop
Heute verzögerte sich der Start, weil ich erstens nicht so früh wach wurde und zweitens alles etwas langsamer funktionierte. Aber es war kein Problem, da meine Etappe bis Rothenburg ob der Tauber eine der kürzeren auf dieser Tour sein sollte. Nachdem ich den Einstieg in den Kocher/Jagstweg bei strahlendem Sonnenschein gefunden hatte, ließ es sich richtig schön radeln. Bis ich vor Crailsheim nach einer Brückenunterführung vor einer kurzen aber knackigen Steigung stand. Schnell noch mal runter schalten und raus aus dem Sattel. Das wiederum war der Kette nicht recht und ein Kettenglied verabschiedete sich an einem Niet. Da dies nur einseitig geschah, gelang es mir unter ständigem Knacken Crailsheim zu ereichen. Nach einer kleinen Reparatur im örtlichen Radladen, konnte ich die Fahrt schnell fortsetzen. Und so erwies sich die Panne nur als kurze Unterbrechung, die ich für einen kleinen Rundgang in Crailsheim nutzte. Auch wenn der Weg sich nach dem Verlassen der Jagst hinter Kirchberg als ein ständiges, aber moderates Auf und Ab darstellte, war ich frühzeitig am meinem Ziel. Neben mir campiert ein Pärchen aus Lintorf, das ganz in der Nähe meines Heimatortes liegt, mit ihrem Wohnwagen. In einer kurzen Unterhaltung wurden die Neuigkeiten aus Heimat ausgetauscht. Nach der abendlichen Dusche stellte sich der Regen ein. Trotzdem war Rothenburg noch einen Besuch wert. Gefahrene Kilometer: 78. Standort N049.38910 E010.16673
alle Fotos zeigen Rothenburg ob der Tauber
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5.Tag – Völlig überrascht
Ein kleines Tor am Campingplatz brachte mich auf den Radweg an der Tauber. Und der ist wirklich schön. Auf asphaltierten Wegen geht es vorbei an verschlafenen Dörfern. Da störten auch die kleinen Anstiege zwischendurch nicht. Nach der durchregneten Nacht war es nass und kühl am Morgen, aber der Himmel hatte bei meiner Abfahrt seine Pforten geschlossen. Ich muss hier mal die Planer mancher Radwege loben. Der Übergang von der Tauber zum Main führt über eine alte Bahntrasse. Der Gaubahnradweg von Bieberehren nach Ochsenfurt ist Spitze. Und am Main gibt es die Abwechslung, die mir an der Iller so fehlte. Ochsenfurt, Würzburg, Sommerhausen und Gemünden sind nur einige Highlights. In Gemünden habe ich dann auch auf dem Campingplatz Saaleinsel nach 122 Kilometern mein Zelt aufgeschlagen. Kurz vor dem Erreichen meines Zielortes kam ich mit einem jungen Mann ins Gespräch, der einem Freund mit dem Rad entgegen fuhr, um ihn abzuholen. Total in unser Gespräch vertieft, begleitete er mich immer weiter. Als sein Kumpel uns begegnete, stellte er völlig überrascht fest, dass er nun auch die 35km zurück fahren muss. Und das völlig ungeübt. Ich hoffe mal, dass ihm sein Gesäß am Abend nicht zu sehr geschmerzt hatte. N050.06042 E009.69367
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Taubertal
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Ochsenfurt
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Sommerhausen
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Würzburg

6.Tag – Entgegen der Sinn
Natürlich ergibt sich die Wortwahl aus der Gegenrichtung des Flusslaufes im Sinntal. Die Sinn fließt nämlich aus dem Spessart kommend bei Gemünden in die Fränkische Saale. Von dort ging mein Weg hinein in den Spessart und über den hessischen Landrücken in Richtung Fulda. Entsprechend hoch war die Zahl der gefahrenen Höhenmeter und es war wohl die anstrengendste Etappe der Tour. Zudem wehte mir heute erstmals ein leichter Wind entgegen, der sich zum Glück drehte und später aufkommende Wolken weg blies. Die Entschädigung folgte in Fulda in Form einer Hotelübernachtung, die ich mir mangels eines geeigneten Campingplatzes gönnte. Der Hotelier des Hotels ‚Am Rosenbad‘, das wie die meisten anderen völlig ausgebucht war, telefonierte erst einmal durch seine Liste, obwohl ich ihn vor seinem Hotel nur eher zufällig nach einer Übernachtung gefragt hatte. Und obwohl in Fulda kaum ein Zimmer zu bekommen war, organisierte er mir eines im Ibis City. Echt nett. Im Anschluss durfte ich ein angeregtes Gespräch beim Abendessen mit einem Pärchen führen, das aufgrund der Überfüllung des Lokals und nach meiner Einladung an meinen Tisch Platz nahm. Danke nochmal. Gefahrene Kilometer: 80 mit 2141 Höhenmetern. N50.55827 E009.67878
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Salzberg bei Fulda
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Stadttor in Fulda
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Stadtschloß Fulda
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Dom zu Fulda

7.Tag – Starke Sonnenstrahlung
Wenn’s rollt, gibt es nicht viel zu erzählen. Außer von den beiden Herren im mittleren Alter mit leichtem Gepäck und Mountain-EBike. Sportlich und locker zogen sie an den heutigen Ausflüglern vorbei. Es war schon sehr voll am Sonntag auf dem Fuldaradweg. Ich habe mal zu den Beiden aufgeschlossen und freundlich gefragt, ob ich mit meinem Gepäck am Rad ein wenig im Windschatten fahren dürfte. Eine Antwort hatte ich zwar nicht bekommen, trotzdem blieb ich hinter ihnen. Das ging eine Weile gut, obwohl sie sich verdächtig oft umdrehten und ein wenig mehr in die Pedale traten. Aber mehr als 25Km/h brachten sie nicht auf den Tacho. Da es ihnen wohl nicht genehm war, ließ ich sie fahren und schaute mir die Innenstadt von Melsungen an, das ebenso wie zuvor Rotenburg an der Fulda mit seinen Fachwerkhäusern ein ansehnliches Stadtbild darstellt. Allerdings hatte ich meinen Kopf nicht genug geschützt. Da die Sonne herrlich schien, hatte ich zeitweilig meinen Helm abgesetzt. Das wiederum tat meinem Schädel nicht so gut. Er leuchtete am abend leicht rötlich. Station war nach 120 Kilometern auf dem Campingplatz Fuldawiese in Melsungen-Röhrenfurth. Leider gab es dort weder WLAN, noch Telefonnetz. N51.50297 E009.53842
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Flußlauf der Fulda
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Rotenburg an der Fulda

8.Tag – In Begleitung
Am Morgen begleitete mich eine Zeitlang ein hier heimischer Mountainbiker, der mir ein paar Tipps zum Radweg an der Fulda gab, die ich später sehr gut gebrauchen konnte, um eine Teilsperrung des Radweges zu umgehen. Die letzten Kilometer vor Kassel fuhr ich in Begleitung eines holländischen Pärchens, das auf einer Radtour kreuz und quer an deutschen Flüssen unterwegs war. Ich hatte sie zuvor schon beim Frühstück in einer kleinen Bäckerei am Wegesrand getroffen. Und ab Kassel fuhr für die nächsten zwei Tage mein Freund Jörg mit mir. Wir hatten uns vor dem Beginn meiner Tour abgesprochen und wollten den Teilbereich von Kasssel entlang der Weser bis Rinteln gemeinsam zurücklegen. Für diese drei Tage war es abgesprochen, dass ich mein Zelt eingepackt lasse und wir uns eine Unterkunft im Hotel suchten. Den ersten Abend hatten wir Station in Hann. Münden gemacht. Das Hotel Aegidienhof befindet sich in einem Haus aus dem 16.Jahrhundert und gefrühstückt wird nebenan in einer alten Kirche. Top! Gefahrene Strecke: 64 km
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Frühstück in Guxhagen
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Ankommensbier in Hann.Münden
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Hann.Münden
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Aegidienhof

9.Tag – Frühstück statt Beichte
Wie angekündigt wurde das Frühstück des Hotels in der St. Aegidienkirche eingenommen. Die älteste Kirche in Hann. Münden wurde 2008 vom Besitzer des Hotels übernommen und 2010 als Café eröffnet. Auf die Beichte hatten wir allerdings verzichtet, weil es sonst doch zu lange gedauert hätte. Aber unsere Bitte an den Wettergott schien dann angekommen zu sein, denn bis auf einen kleinen Fieselregen bei der letzten Rast 10 km vor dem Ziel, der sich schnell wieder verzog, blieb es trocken und die Sonne ließ sich einen Großteil des Tages sehen. Leider hatte ich bei der Wahl der richtigen Weserseite nicht so viel Glück. Denn nachdem wir mit der Fähre auf die östliche Seite gewechselt waren, war der Verlauf sehr wellig und gipfelte in einer 300m langen 25% Steigung. Es tat mir ein wenig leid, da ich Jörg eine flache Etappe versprochen und im Vorfeld über die ebene Route geschwärmt hatte. Da ich den Weserradweg in vorheriger Zeit schon mehrfach gefahren war, schien ich offensichtlich das Teilstück auf dieser Seite immer ausgelassen zu haben. Beendet haben wir die Etappe nach 82 km in Holzminden. N051.82483 E009.44574
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Frühstücksraum
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Turm in Holzminden
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Reichspräsidentenhaus in Holzminden (das hohe)

10.Tag – Gegen den Wind
Während des Frühstücks setzte der Regen ein. Und das nicht zu knapp. Selbst nach einer Wartezeit wurde es nicht besser. Daher fügten wir uns dem Wetter und wagten den Start. Irgendwie schien unser Beistand von gestern noch anzuhalten, denn schon wenig später schloss der Himmel seine Pforte. Nur zweimal bei einem Platzregen und einem Hagelschauer mussten wir Schutz in einer Hütte suchen. Der Sonne/Wolkenmix wurde leider nur durch heftigen Gegenwind getrübt. So war die eigentlich flache Etappe nach anstrengenden 86 km in Rinteln beendet. N052.18731 E009.08129
Damit habe ich über die Hälfte meiner Tour bereits geschafft und befinde mich an der Stelle, die meinem zu Hause am nächsten ist. Es ist schon ein komisches Gefühl, jetzt noch mal in Richtung Hamburg abzubiegen.
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Ankündigung von Bodenwerder
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Wasserschloß Hehlen
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Regenschutz
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Ankommen in Rinteln

11.Tag – Zelt oder Bauwagen
Beim Start in Rinteln hatte ich erst einmal meiner Tochter einen kurzen Besuch auf ihrer Arbeitsstelle abgestattet und im Anschluss Jörg am Bahnhof verabschiedet. Am Anstieg über das Wesergebirge tat sich in Todenmann eine Baustelle mit Vollsperrung auf. Auf eine kurze Nachfrage bei den Bauarbeitern erhielt ich die Antwort: “Ja, fahr man durch“. Klappte auf Baustelle ‚Eins‘ auch ganz gut. Aber dazu später mehr. Ab Bückeburg folgte ich auf den Spuren derer zu Schaumburg dem Fürstenweg durch den Schaumburger Wald, vorbei am Jagdschloss Baum, nach Steinhude. Damit war schon mal das erste Meer erreicht, wenn auch nur ein kleines. Ab dort stellte sich nach der Mittagspause der Regen ein und verließ mich nicht mehr bis zu meinem heutigen Endpunkt. Dieser war eigentlich in Essel bei Schwarmstedt vorgeplant. Aber vor die Entscheidung gestellt, lieber heute bei Regen ein paar Kilometer mehr zu machen oder morgen spät in Hamburg zu sein, ließ mich weiter radeln. Doch kurz nach Essel die Hinweistafel einer Vollsperrung. Also durch. Falsche Entscheidung. Eine Baustelle mit einer lockeren Sandmischung auf voller Breite und ca. eineinhalb Kilometer Länge baute sich vor mir auf. Nach mehr als einer halben Stunde schieben, durfte ich wieder auf ein versandetes Rad steigen. Bei nun durchgehendem Regen durch ein Militärgebiet mit teilweise Kopfsteinpflasterbelag erreichte ich nach 123 km den Campingplatz Böhmeschlucht bei Bad Fallingbostel. Hier wurde mir offeriert, nicht mein Zelt aufzubauen, sondern in einem Bauwagen zu schlafen. Das habe ich gerne angenommen, schließlich hatte ich mit der heutigen Etappe auch meine 1000 km überschritten. N052.87666 E009.73247
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Schloss Bückeburg
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Jagdschloss Baum
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Radweg vor Steinhude
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Steinhuder Meer
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Baustelle hinter Essel
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Mein Schlafplatz für die Nacht

12.Tag – Ab durch den Tunnel
Ich kam mir heute doch ein wenig vor wie bei Peter Lustig und Löwenzahn, als ich im Bauwagen wach wurde. Lustig fand ich das Schmuddelwetter dann während der Fahrt nicht. Genausowenig wie die zwei Hundeattacken, obwohl die Besitzer ja dabei waren. Beim ersten Mal waren es an einem einsamen Bauernhof drei Hunde, von denen zwei freilaufend ihren Jagdtrieb entwickelten. Hier ließen sie nach kurzer Zeit von mir ab, da es ihre Besitzerin doch schaffte, sie zurück zu rufen. Während Besitzerin Zwei, Kinderwagen schiebend, es noch nicht mal für nötig hielt, ihr zähnefletschendes Etwas in den Griff zu bekommen. Nur lautes Schreien und fast beleidigende Äußerungen an die Frau gerichtet, schienen eine Reaktion zu bewirken und ließen mich, mit viel Glück aus der Situation heraus kommen. Und jetzt ein Wort zu Hamburg und seinem Wetter. Pünklich um 16:43 Uhr bei meinem Eintreffen im Tor zur Welt brach der Himmel auf und die Sonne kam hervor. Das änderte sich erst wieder spät am Abend. Auf dem Weg in die Stadt lotste mich ein freundlicher Hamburger Radler namens Kai durch die Gefahren des Großstadtverkehrs und gab mir noch ein paar gute Tips. Danke. Kai begleitete mich bis durch den alten Elbtunnel und wies mich als Reiseradler auf die Internet Plattform ‚Warm Showers‘ hin. Dort erhalten Reiseradler die Möglichkeit, einen Schlafplatz oder Hilfe zu finden. Mittlerweile bin ich dort als Mitglied angemeldet. Gefahrene Kilometer: 116. N053.59024 E009.93238
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Heidelandschaft
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Hamburger Tor
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Elbtunnel
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Tunnelfahrstuhl (leider durch die Reflektion überblitzt)

13.Tag – Wasser, aber immer noch nicht das Meer
Der Weg aus Hamburg hinaus führte mich am Tierpark Hagenbeck und am Flughafen vorbei durch den Hamburger Norden in Richtung Bad Segeberg. Leider bestand der Fahrweg nur aus einem Radweg parallel zur Bundesstraße 432. Auch hinter Bad Segeberg, das sich ja ganz nett anschauen ließ und für seine Karl-May-Festspiele bekannt ist, aber mich nicht zum Verweilen animierte, änderte sich daran leider nichts. So war tatsächlich der Plöner See die erste größere Abwechslung. Nun liegt der anvisierte Campingplatz vor der Ortschaft Plön und nach dem Aufbau des Zeltes setzte der Regen ein, so dass Plön nun ein wenig auf meinem Besuch warten musste. Also hatte ich Zeit mich um das Waschen und (Hurra ein Trockner) Trocknen meiner Kleidung zu kümmern. Zwischendurch noch die Einnahme einer Mahlzeit. Da der Tisch im Restaurant des Platzes schon reserviert war, blieb nicht viel Zeit und es war wirklich nur eine schnelle Mahlzeit. Trotzdem hatte ich noch die Zeit für ein nettes Gespräch mit einem Pärchen an meinen Tisch. Gefahrene Kilometer: 86 N054.14643 E010.40331
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Plöner See
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von Campingplatz aus gesehen
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Besuch am Zelt

Zwangspause
Ich hatte bei der Ankunft am Plöner Campingplatz festgestellt, dass an meinem Hinterrad eine Speiche gerissen ist. So konnte ich mir die Geräusche auf den letzten zwei Kilometern vor Plön erklären. Da sonntags die Fahrradläden geschlossen sind, musste ich einen Ruhetag einlegen und nutzte die Gelegenheit, mir Schloß Plön anzuschauen. Leider muss ich auf dem Campingplatz den Stellplatz wechseln, da der erste schon für den nächsten Tag reserviert war. Zum Glück musste ich meine Utensilien nur dreizig Meter weiter schleppen.

14.Tag – Das Meer und die Plop Geräusche
Bei Fahrrad Wittich in Plön war man schon vor neun Uhr im Geschäft. Und darum war die Reparatur meines Rades auch schnell erledigt, da der Besitzer zudem noch so freundlich war, sich meines Anliegens sofort anzunehmen. Also Zeit für ein kleines Frühstück in der Bäckerei nebenan. Und dann ging es Richtung Kiel, um wenigstens einen ersten kleinen Blick auf das Meer zu bekommen. Die Sicht auf das Meer wurde ab Eckernförde besser und da mich die Sonne den ganzen Tag begleitet hatte, kam auch ein Sommerfeeling auf. Das steigerte sich nach meiner Ankunft nach 87 km in Damp. Nach dem Aufbau meines Zeltes auf dem Campingplatz Dorothenwiese landete ich durch Zufall im Hafen Bistro von Damp. Hier lebt eine seltsame Spezies von PLOP Flaschen. Und alle paar Minuten rufen Sie ihre Artgenossen. Plop, Plop. Und sie warten auf den Sonnenuntergang. N054.57134 E010.02517
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Fahrrad Wittich in Plön
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Rathausturm in Kiel
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ein erster Blick auf die Ostsee
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NordOstsee Kanal
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Eckernförde
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Eckernförde
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Blick vom Campingplatz in Damp
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Hafen Bistro
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PLOP Spezies
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Objekt der Begierde (gibt es woanders schöner)

15.Tag – Angekommen, nicht nur im Sommer
Bei schönstem Wetter durfte ich meine letzte Etappe fahren. Nach einem Kaffee im Bistro vom abend zuvor hatte ich versucht, hinter Kappeln so nah wie möglich an der Küste zu fahren. Irgendwann war ich dann auf den Ostseeküsten-Radweg gelangt. Schön zu fahren? Ja, aber ganz bestimmt nicht flach. Die schriftlichen Anfeurungen auf dem Asphalt zeugten davon, dass über den Wahrberg offensichtlich der letzte Ostseeman Triathlon geführt hat. Nach 60 km stand ich dann vor dem Abzweig, der entweder direkt zur Landspitze der Halbinsel Holnis führte oder mich erst in Richtung Schloß Glücksburg fahren ließ. Ich hatte mich für die Runde über Glücksburg entschieden. Und es nicht bereut. Die Fassade des Schlosses könnte zwar mal einen neuen Anstrich bekommen, aber der Eindruck war wirklich schön. Im Anschluss war ich gemütlich zum Endpunkt der Radtour geradelt. Nach insgesamt 1430 Kilometern war ich am Nordpunkt meiner Reise angekommen und hatte dies mit einem PLOP dieser bekannten Flaschen auch andere hören lassen. Niedergelassen hatte ich mich nach den heutigen 77 km auf dem Ostseecamp Holnis. N054.85756 E010.58918
Nach meiner Ankunft auf dem Campingplatz erhielt ich unverhofft eine Einladung zum Grillen. Ich hatte gerade mein Zelt aufgebaut. Der Stellplatz des Zeltes befand sich nahe einer Feuerstelle. Ein Pärchen mit ihren drei Kindern hatte dort gegrillt und noch einiges übrig gelassen. Daraufhin hatten sie beschlossen, mich zu Bratwurst, Kräuterbaguette und Maiskolben einzuladen. Ich habe es dankend angenommen und es mir schmecken lassen.
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Kappeln
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Kleiner Pflaumenmix vom Wegesrand
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Die Post mit neuer Geschäftsidee
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Schloss Glücksburg
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am Nordpunkt meiner Reise
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ein letzter Blick auf’s Navi

Ein Besuch in Flensburg – Flotter Dreier im Rumladen
Am Tag nach meiner Ankunft auf der Halbinsel Holnis schaute ich mir Flensburg an. Eine sehenswerte Stadt mit dänischem Flair. Schmunzelhighlight war der Besuch eines kleinen Rum- und Weingeschäftes. Das junge Pärchen, das dort seiner Arbeit nachging, führte zwischen den Verkaufsgesprächen noch eine Unterhaltung miteinander. Plötzlich stellte sie ihm die Frage: “Hast du mir das für einen ‚Flotten Dreier‘ hingelegt?“ Mir huschte ein Lächeln über’s Gesicht, was der jungen Dame sofort auffiel. Unversehens kam sie zu mir und zeigte auf eine Verpackung, in der sich drei verschiedene kleine Getränkeflaschen befanden. Der Name des Kartons lautete ‚Flotter Dreier‘. Damit war das dann auch geklärt. Mit einem herzlichen Lachen, und einer kleinen Flasche leckeren Likörs in meinem Gepäck, verabschiedeten wir uns.
Impressionen aus Flensburg
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Ein letzter Tag für Warmduscher
Eigentlich sollte das Rad heute stillstehen. Als ich vor der Rezeption des Campingplatzes saß, um ein wenig im Internet zu surfen, traf ich Sven, mit dem ich mich gestern Abend bereits längere Zeit unterhalten hatte. Sven beabsichtige, mit dem Rad nach Glücksburg zu fahren. Also schloss ich mich ihm an. So kamen noch einmal fast 20 gemeinsame Kilometer auf den Tacho. Im Anschluss zeigte sich am späten Nachmittag die Sonne und ich fand die Zeit zu meinem Bad in der Ostsee. Aber irgendwie erinnerte mich die Temperatur des Wassers an mein Bad im Atlantik vom letzten Jahr. So war das ganze nur eine kurze Angelegenheit und die warme Dusche sagte mir anschließend mehr zu.
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Holnis Strand
Zum Abschluss war ich im Alten Fährhaus vor Holnis Spitze zum Essen. Die Krabbensuppe und der Husumer Teller mit Krabben, Lachs und Forelle waren echt lecker.
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Genau mein Ding
„Das ist genau mein Ding. Fahr wohl“, rief mir in Flensburg ein entgegen kommender Radler zu, der mir an einer Engstelle den Vortritt ließ und er zeigte dabei auf mein Gepäck am Rad. Dabei war ich nur noch auf dem Weg zum Bahnhof, um meine Heimreise anzutreten. Aber er traf damit genau meine Einstellung und Erfahrungen aus den letzten drei Wochen. Wieder einmal hatte ich auf einer Reise mit dem Fahrrad viele Menschen getroffen und mich mit ihnen ausgetauscht. Ich habe unglaublich viele Orte in Deutschland gesehen, die alle auf ihre Weise ihren Reiz hatten.
Ich habe in diesen drei Wochen ca. 1600km zurückgelegt, von denen 1420 km für die Strecke von Oberstdort/Allgäu bis Glücksburg/Ostsee erforderlich waren. Der ein oder andere erforderte ein wenig Mühe und Schweiß, weitere ließen sich an den Flussläufen einfacher radeln. Der Riss eines Kettengliedes und der Bruch einer Speiche zwang mich zwei Mal dazu, eine Reparaturwerkstatt aufzusuchen. Zu Schaden gekommen bin ich dabei aber nicht.
Die Rückfahrt konnte ich in ‚vollen Zügen‘ genießen, aber das war an einem Freitag auch nicht anders zu erwarten. Zum Glück brauchte ich in nur einmal in Hannover umsteigen und hatte zuvor einen Sitz- und Fahrradplatz reserviert.
Einen kleinen Zwischenstopp legte ich aber noch ein. Die Nacht von Freitag auf Samstag verbrachte ich im Zelt im Garten meiner Tochter, um am Samstag dann endgültig den Heimweg anzutreten.
Ich hoffe, dass die Leser, die mir virtuell gefolgt waren, ein wenig an meinem Spaß an der Reise teilhaben konnten und bedanke mich für die persönliche Resonanz. Vielen Dank auch an Jörg für die Begleitung an der Weser und an Kai für die vielen Tipps bei der Einfahrt in Hamburg. Dem Hinweis auf die Internet Community ‚Warm Showers‘ für Radreisende werde ich weiter nachgehen, da es für mich in Zukunft interessant sein könnte.
Danke auch an Sven, für die coolen Gespräche zum Abschluss meiner Reise.
Bis zur nächsten Tour. Euer Volker